Projektskizze für den Schutz der Euphorbia handiensis

Euphorbia handiensis

Im folgenden wird in Auszügen eine Projektskizze zum Schutz der beiden einzigen Habitate der seltenen und bedrohten Euphorbia handiensis wiedergegeben. Der Projektvorschlag ist bei der Deutschen Kakteengesellschaft DKG eingereicht und befürwortet worden. Gegenwärtig werden Partner für die Umsetzung vor Ort gesucht.

Demnächst finden Sie hier hoffentlich erste Ergebnisse!


Die Projektskizze

Veranlassung und Ziel

Innerhalb der Grenzen der EU sind nur wenige sukkulente Pflanzenarten heimisch. Zu den wenigen europäischen, rein sukkulenten Arten gehören zwei cactoide Euphorbien, die beide auf den Kanarischen Inseln vorkommen. Die eine ist die weit verbreitete Euphorbia canariensis, die im ganzen Archipel weit verbreitet ist, die andere Euphorbia handiensis, deren Vorkommen sich auf eine kleine Teilfläche der Insel Fuerteventura beschränkt. Ihr Bestand muss als hochgradig gefährdet angesehen werden. Ziel des Projektes ist es, die letzten frei wachsenden Bestände zumindest in Teilen zu schützen und zu erhalten.
 

Zur Entwicklung des Bestandes

E. handiensis kommt an zwei benachbarten Standorten auf Fuerteventura vor. Die Art wurde 1912 vom Hamburger Botaniker Oscar Burchard (1862-1949) entdeckt. Er beschreibt die Standorte als “dicht bestanden”. Abbildung 1 zeigt das Los Mosquitos Habitat in einer Photografie von Oscar Burchard aus dem Jahr 1912) Sein Dromedarführer sitzt in der Bildmitte zwischen den Pflanzen. Abbildung 2 zeigt die gleiche Situation im August 2003. Von dem ehemals Aspekt-bestimmenden Vorkommen der E. handiensis sind nur noch Rudimente vorhanden.
 

Euphorbia handiensis-Habitat 1912

Dasselbe Habitat im Jahr 2003

Dieser Bestandsrückgang ist seit längerem bekannt. Bramwell und Bramwell (1974) bezeichnen diese Art als selten und ziemlich bedroht. Walter & Gillett (1998) stufen E. handiensis als bedroht ein, die Überlebenschance seien minimal, falls die Habitat-Gefährdung weiterhin bestehen bleibe.
Erste quantitative Untersuchungen nimmt Mangani in 1988 vor (Mangani 1992). Er gibt für beide Bestände eine Gesamtfläche von 2 km² an und schätzt den Bestand bei 1 Pflanze auf 40 m² auf insgesamt 50.000 Pflanzen. 1998 und 1999 untersucht Lawant die Vorkommen. Er schätzt das Areal auf 1,2 km² und errechnet bei 1 Pflanze auf 60 m² einen Bestand von etwa 20.000 Pflanzen (Lawant 2000). Die Unterschiede in den Bestandszahlen zeigen nicht notwendigerweise einen Populationseinbruch in den dazwischen liegenden 10 Jahren, vielmehr können hier auch methodische Differenzen eine Rolle spielen.
Innerhalb der Populationen gibt es immer noch imposante Pflanzen von bis zu 1 m Höhe, deren Alter auf bis zu 100 Jahre geschätzt wird. Auch finden sich im Sommer 2003 durchaus blühende Exemplare sowie ein geringer Fruchtansatz. Auffallend sind jedoch die zahlreichen toten Pflanzen, von denen sicherlich ein Teil auf natürlichen Tod infolge von Alterung zurückzuführen ist. Allerdings finden sich auch Überreste junger Pflanzen. Unklar ist, wie lange solche Überreste sich im extrem ariden Klima der Halbinsel erhalten. Im scharfen Gegensatz zu den häufig aufzufindenden, abgestorbenen Pflanzen steht das völlige Fehlen von Sämlingen.
 

Gefährdungsursachen

Als Gefährdungsursachen kommen folgende Faktoren in Frage:

1) Beweidung durch Ziegen
- Auf Fuerteventura herrscht ein extremes Klima: Im August steigt die Temperatur auf bis zu 45 Grad, von Mai bis September gibt es i.d.R. keine Niederschläge, der Regen in den Monaten Oktober bis April beläuft sich auf ca. 150 mm.
Im Inneren der großen E. handiensis-Sträucher entwickelt sich ein besonders geschütztes Mikroklima, in dem Gräser und Periplacacaeen wachsen. Lawant (2000) konnte beobachten, dass Ziegen diese Sträucher zielstrebig zertrampeln, um an die saftigeren Triebe im Inneren heran zu kommen. Solche zertrampelten Sträucher waren auch schon Mangani (1992) aufgefallen und als Schaden durch Ziegen interpretiert worden. Auch 2003 zeigen sich derart zerstörte Pflanzen.

Frische Bruchstellen an einer niedergetrampelten Pflanze

- Das Problem wird noch dadurch verschärft, dass Ziegen beobachtet wurden, die gezielt Sämlinge von E. handiensis aufsuchten und fraßen (Lawant 2000). Offensichtlich haben Sämlinge noch nicht (genug?) von dem schützenden Milchsaft produziert.
- Weiterhin hält Lawant (2000) einen Zusammenhang zwischen dem Weidedruck und dem geringen Fruchtansatz für möglich: Durch die ständige Beweidung wird die Zahl der Blütenpflanzen reduziert. Damit könnte auch die Dichte der bestäubenden Insekten im Gebiet reduziert werden.

2) Erschließung des Geländes
- Beide Bestände werden durch jeweils eine Schotterpiste durchschnitten. Schotterpisten wurden zumindest im August 2003 auf der Insel von Tanklastwagen aus besprengt, um die Staubentwicklung zu reduzieren. Angrenzend an die Piste hat sich der Boden teilweise verändert hat. Ob dies auf ablaufendes Wasser zurückzuführen ist, das Staub mit sich führt, oder auf durch die Luft transportierten Staub (bei nahezu konstant ablandigem Wind), kann nicht beurteilt werden. Deutlich ist jedoch, dass es eine Veränderung gibt. Ein negativer Einfluss auf den Bestand unterhalb der Schotterpiste ist jedenfalls nicht auszuschließen.
- Für einen der beiden Standorte sollen Pläne existieren, dort eine Mülldeponie zu errichten. 2003 ist dort allerdings (noch?) keine Mülldeponie zu sehen.
- Mitten in einem Bestand gibt es einen “Ziegenstall”, d.h. eine Ansammlung von Bretterverschlägen, rostigen Autowracks etc. Dorthin sollen die Ziegen regelmäßig getrieben werden - entsprechende Folgen für den Pflanzenbestand sind wahrscheinlich.

3) Klimatische Veränderungen
Klimatische Veränderungen sind als Ursache für eine ausbleibende Verjüngung des Bestandes durchaus vorstellbar. So weiß man von anderen, langlebigen Arten, dass ein Fortpflanzungserfolg durchaus über mehrere Jahre ausbleiben kann, bis dann in einem klimatisch besonders günstigen Jahr eine erfolgreiche Reproduktion möglich wird. Dies mag auch auf die E. handiensis-Bestände zutreffen, kann aber nicht als Erklärung für die Zerstörung adulter Pflanzen dienen.

4) Sammeltätigkeit
- Weder Mangan’s (1992) noch Lawant’s (2000) noch eigene Beobachtungen deuten auf illegale Pflanzenentnahmen.
 

Bestehende Schutzmaßnahmen

- E. handiensis gehört seit 1979 zu den durch die Berner Konvention geschützten Arten. Ihr Habitat wurde 1992 durch eine “European Community Habitats Directive” als schutzwürdig eingestuft. In der “EU Wildlife Trade Regulation"(EC Regulation 338/97, 1579/2001 und 2476/2001) ist E. handiensis im Annex A gelistet (Schutzstatus wie CITES Appendix I).
- Im Botanischen Garten “Viera Y Clavijo” in Las Palmas (Gran Canaria) wird eine Erhaltungssammlung von E. handiensis-Pflanzen aufgebaut.
- Von den lokalen Behörden wurde ein Teil des Geländes zum “espacio protegido” erklärt. Allerdings erst hinter den Ziegen-Hütten, so dass auf den überwiegenden Teil der Bestände nicht einmal dieser niedrige Schutzstatus angewandt wird (Lawant 200).
 

Andere Rechte

Nach Lawant (2000) ist zumindest ein großer Teil der Flächen von den lokalen Behörden zur Beweidung an Ziegenhirten verpachtet worden. Die Pachtverträge sollen eine langjährige Laufzeit aufweisen.
 

Sonstiges

- Die E. handiensis-Bestände haben im Bewusstsein der Einwohner kaum einen Wert, sie gelten (wie auch E. canariensis) als “cardonales” = nutzloses Unkraut.
- Da der Tourismus auf der Halbinsel vermutlich zur Haupteinnahmequelle geworden ist, tritt die Bedeutung der Ziegenhaltung zurück.
 

Mögliche Schutzmaßnahmen

Umsetzung und Finanzierung der Schutzmaßnahmen


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